Montag, 25. Mai 2009

Sommer ist die Zeit, in der das Gebet des Frühjahrs Antwort erhält. Die Früchte schwellen oder vertrocknen, und worum wir auch gebeten haben, wir erhalten, was möglich ist.
Sommer ist die Erwartung der Wärme, die uns eine den Horizont hinauf kletternde Sonne versprochen hat.
Wir sind Sommertiere, denn jetzt zeigen wir uns dem am ähnlichsten, das wir sind. Wir flüchten aus überhitzten oder überklimatisierten Räumen und werfen die künstlichen Winterfelle von uns.
Am wahrhaftigsten wären wir nackt, aber wer will schon die Wahrheit? Also verzichten wir darauf ebenso wie auf das Nacktsein.
Nackt und ursprünglich.
Die Verbindung zu den Ursprüngen haben wir verloren, darum ist unser Marsch durchs Leben wie der Heimweg eines Volltrunkenen. Schwankend brauchen wir die gesamte Straßenbreite, ohne zu wissen, auf welcher Straße wir unterwegs sind.
Der Regentropfen weiß, dass seine Quelle und Mündung Eines sind. Auch, wenn sie einen Erddurchmesser entfernt liegen mögen.
Wir kennen unsere Quelle nicht, und damit auch nicht unser Ziel.
Der Regentropfen gibt sich dem Wind hin, der ihn in die Wolke atmet.
Wir sind nicht klein genug, um groß sein zu können. So klein wie ein Tropfen im Verhältnis zum Ozean, mit dem er sich eins fühlt, so oft er hinein taucht.
Der Sommer vergeht zum Herbst. Die Frucht weiß als Ziel um die Ernte. Wir kennen das Ziel nicht, weil wir nicht frei sind, uns ernten zu lassen.

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Motto

Lisboa, Lisboa, Portugal
“The aim of life is self-development. To realize one's nature perfectly--that is what each of us is here for. People are afraid of themselves, nowadays. They have forgotten the highest of all duties, the duty that one owes to one's self.” Oscar Wilde